Alte Kirche in Velen

Der Ursprung der Familie Schnermann liegt in der Familie Twyhus im Kirchspiel Stadtlohn. Der Hof Twiehus in Estern, ein Drielingshof, war im Jahre 1702 dem Domkapitel eigen. Später wurde er an den Grafen von Landsberg-Velen verkauft, der ihn teils aufteilte, teils weiterverkaufte, so daß er heute nicht mehr existiert.
Bereits 1336 wird ein Haus „ton Tvenhusen“ genannt, 1499 wurde die Stätte von Lambert then Twenhusen mit seiner Familie bewohnt, 1568 vom „Twehuse“ und seiner Frau Stina.

Im Jahre 1583 werden Joan und Anna then Twehuße in einer Urkunde genannt. Am 31. Mai 1683 meldet Berndt Twiehauß den Sterbefall seines Vaters Johan an und zahlt 80 Reichstaler.

Ein Sohn dieses Berndt Twiehauß war wahrscheinlich der um 1680 geborene Joan Twyhues. Er heiratete am 6. Mai 1705 in Stadtlohn Joanna Bruns. Aus dieser Ehe stammte der 1710 geborene Joan Theodor Twyhus, der am 7. Juni 1730 in Stadtlohn die 18-jährige Maria ten Damhues heiratete. Er starb am 22. Mai 1751. Die Witwe heiratete am 27. Juli 1751 Johannes Ludovicus Schülting und starb am 1. Juli 1788 in Estern. Von ihren Kindern wurde der älteste Sohn, Joan Dirck Twyhuß, geboren 1733, Bauer in Estern. Dieser starb am 8. Dezember 1813 im 81. Lebensjahr in Estern an Wassersucht. Aus seiner Ehe mit Margaretha Brunners waren 13 Kinder hervorgegangen: 1. Joannes Ludovicus Henricus Joseph, geb. 1767, 2. Maria Catharina, geb. 1768, 3. Bernard Henrich Joseph, geb. 1770, AnnaMaria Elisabetha, geb. 1772, 5. Joan Bernard Diderich Joseph, geb. 1774, 6. Anna Gesina, geb. 1775, 7. Joannes Henricus Josephus, geb. 1777, 8. Joannes Theodorus Josephus, geb. 1779, 9. Anna Maria Catharina, geb. 1780, 10. Gerhardus Henricus Josephus, geb. 1782, 11. Andreas Josephus, geb. 1784, gest. 1786, 12. Arnoldus Theodorus Josephus, 13. Johannes Gerhardus Josephus, geb. 1788. Letzterer erbte den Hof.

Joannes Henricus Josephus Twyhueß, der am 2. November 1777 geboren war, heiratete am 28. Juli 1818 in Velen die Witwe Anna Maria Gertrud Schnermann, geborene Enxing, Kötterin zu Waldvelen. Anna Maria Gertrud, die sich auch Maria Catharina Demmer nannte, stammte von einer Kötterei in Gescher und hatte in erster Ehe im Jahre 1811 den Kötter Joann Henrich Schnermann in Waldvelen geheiratet. Diese Ehe währte jedoch doch nur kurze Zeit, denn der Ehemann starb bereits im Alter von 25 Jahren im Januar 1818 an Auszehrung.

Joannes Henricus Josephus, er nannte sich Joan Henrich, war 13 Jahre älter als seine Frau. Mit der Heirat nahm dieser auch den Namen Schnermann an und wohnte und arbeitete als Kötter Schnermann in Waldvelen. Fünf Kinder gingen aus dieser Ehe hervor: Anna Maria Gertrud Schnermann, geboren 1819 und bereits im Alter von 15 Jahren an der Auszehrung gestorben, Bernard Joseph Schnermann, geboren 1822, später Kötter Schnermann in Waldvelen, Maria Elisabeth Schnermann, 1826 geboren, Gerhard Henrich Schnermann, 1828 geboren und Stammvater unserer Familie, und die 1833 geborene Maria Christina Schnermann, die schon im Alter von 1 1/2 Jahren an „Krämpfen“ starb.
Leider liegen uns über Joannes Henricus Josephus Schnermann, geb. Twyhueß, keine weiteren Nachrichten vor. Er starb noch vor der Geburt seiner jüngsten Tochter am Abend des 26. Juni 1833 in Waldvelen am Nervenfieber. Diese wie auch die anderen bereits angesprochenen Todesursachen spiegeln den geringen hygienischen Standard und die hohen Anforderungen an das Leben in der damaligen Zeit wider. So darf es auch nicht überraschen, daß die mit fünf minderjährigen Kindern zurückgelassene Witwe ein drittes Mal heiratete. Auch dieser dritte Mann, der 1790 in Waldvelen geborene Wenceslaus Wolthus, nahm den Hofesnamen an, und lebte fortan als Kötter Schnermann in Waldvelen.
Diese dritte Ehe bestand ebenso wie die erste Ehe 15 Jahre. Als Maria Catharina Schnermann, geborene Enxing, am 3. Januar 1848 an der „Wassersucht“ starb, hinterließ sie ihren dritten Mann und fünf Kinder, von denen 3 bereits großjährig waren.

Der Sohn Gerhard Henrich Schnermann heiratete 1864 Christina Honerbom aus Nordick-Heiden. Christina war bei ihrer Heirat gerade erst 18 Jahre alt und fast 18 Jahre jünger als ihr im Jahre 1828 geborener Ehemann. Sie war eine Tochter der Pächter Gerardus Bernardus und der Catharina Elisabeth Honerbom. Der Kotten Honerbom, dem Grafen zu Landsberg-Velen eigen, lag in der Bauernschaft Nordick-Heiden an der Grenze zum Kirchspiel Velen. Wie schon bei ihrer Mutter und auch bei ihrer Großmutter wurde mit Christina Honerbom der elterliche Hof in der weiblichen Linie fortgeführt. Entsprechend nahm Gerhard Henrich Schnermann mit der Heirat auch den Namen Honerbom an, wie das 24 Jahre zuvor schon der Vater und 54 Jahre zuvor schon der Großvater seiner Frau getan hatten.

Neun Kinder gingen aus dieser Ehe hervor. Sie wurden alle auf dem Kotten Honerbom geboren und führten dementsprechend diesen Namen auch als Hausnamen. Das älteste Kind war die 1865 geborene Tochter Elisabeth. Es folgten 1867, 1869 bzw. 1871 die Söhne Bernard, Heinrich und Joseph. Im Jahre 1873 wurde die Tochter Anna, 1875 die Tochter Gertrud geboren. Schließlich folgten die Söhne Johann, geboren 1877, Anton, geboren 1880, und Hermann, 1883 geboren.
Neben der Arbeit in der Landwirtschaft arbeitete der Vater Gerhard Henrich Schnermann auch als Weber. Es wird berichtet, daß er sehr gut weben konnte, so daß er auch Lehrjungen ausbildete. Aber diese dürften es nicht immer leicht bei ihm gehabt haben, da Gerhard Henrich Schnermann nachgesagt wird, daß er sehr streng gewesen sei und auch zornig werden konnte.
Seiner Frau Christina Honerbom wird nachgesagt, sie habe ein „zweites Gesicht“ gehabt und Wunden besprochen. Viele Leute seien gekommen, um ihre Fähigkeiten in Anspruch zu nehmen. In ihre mystischen Fähigkeiten wollte sie aber weder ihre Töchter, noch einen ihrer Söhne einweihen. Erstere nicht, weil angeblich das Gebet zur Besprechung von Wunden zu schwierig war, letztere nicht, damit sie keinen Mißbrauch damit treiben konnten.
Der Honerbomsche Hof war etwa 50 bis 60 Morgen groß. Gerhard Henrich Schnermann versuchte nach seiner Einheirat gegen den Willen seiner Schwiegereltern zielstrebig, den Hof an sich zu bringen. Es wird berichtet, daß es hierüber zu einem so schweren Zerwürfnis zwischen den alten Honerboms und ihrem Schwiegersohn kam, daß sie das gemeinsame Haus verließen und sich auf eigenem Grund an anderer Stelle niederließen. Gerhard Henrich blieb dagegen mit seiner Familie auf dem gepachteten Hauptwohnsitz, wo auch alle ihre Kinder geboren wurden. Doch wie unglücklich diese „Lösung“ war, stellte sich einige Jahre später heraus. Der Graf von Landsberg-Velen kündigte Anfang der 90er Jahre das Pachtverhältnis, und Gerhard Henrich Schnermann, genannt Honerbom, mußte mit seiner Familie den Hof verlassen. Die Familie zog in die Ortschaft Velen, wo sie beim Schloß in dem Hinterhaus der Gastwirtschaft Lübbermann eine neue, bescheidene Bleibe fand. Von nun an führte die Familie den Namen des Vaters als Hausname. Gerhard Henrich Schnermann verdingte sich fortan als Tagelöhner. Der alter Honerbomsche Hof wurde abgerissen und der Brunnen zugeschüttet. Dieser Umbruch bedeutete nicht nur einen erheblichen sozialen Abstieg, sondern war auch mit der Auflösung der Familie verbunden.

Schon bald starb Christina Schnermann, geborene Honerbom. Als sie am 21. Januar 1893 in Velen einer schweren Lungenentzündung erlag, waren noch fünf ihrer neun Kinder minderjährig. Der Haushalt der Familie wurde alsbald aufgelöst: Die älteste Tochter Elisabeth heiratete den Fabrikarbeiter Franz Becker und nahm ihren alten Vater zu sich. Etwas später heiratete die Tochter Anna den Schreiner Johann Heinrich Markert aus Nordvelen. Die älteren Söhne zogen nach Bottrop, wo sie Arbeit fanden, die jüngeren Kinder wurden bei Verwandten untergebracht. Hermann, der jüngste Sohn berichtet später, wie deprimierend es für seinen Vater und ihn war, als er eines Tages von Südlohn, wo er bei Verwandten wohnte, nach Velen kommend seinen Vater traf, der auf der Weide Kühe hütete. Gerhard Henrich Schnermann hat seine Frau nur relativ kurz überlebt. Er starb nach kurzer Krankheit am 12. Februar 1895 an „Brustwasser“. Es wirkt ein bischen wie ungebrochener Stolz, wenn berichtet wird, er sei einer der ersten in Velen gewesen, bei dessen Beerdigung Totenzettelchen verteilt wurden und dessen Sarg mit Handgriffen und Beschlägen versehen war.